Nach 51 Jahren diktatorischer Herrschaft des Baath-Regimes wurde das Assad Regime in Syrien durch islamistische Rebellen der HTS (Hayat Tahrir al-Sham) gestürzt. Knapp eine Woche nach dem Regimesturz verkündeten sie die Machtübernahme über Damaskus. Auch in europäischen Berichterstattung wird von einer „Revolution“ gesprochen, die Freiheit und ein Ende der langanhaltenden Bürgerkriege bringen soll. Doch was verbirgt sich in Wirklichkeit hinter der rapiden Machtübernahme der HTS und was spielt sich im Hintergrund in der Selbstverwaltung in Rojava ab?
Im Schatten der rasanten Entwicklungen in Syrien ist seit Dezember eine völkerrechtswidrige Luft- und Bodenoffensive gegen Rojava seitens der Türkei gestartet worden. Ein zentraler Akteur ist dabei die SNA (syrische Nationalarmee), die als islamistische militärische Stellvertretergruppe des türkischen Regimes dient und bereits im Jahr 2018 den Kanton Afrîn annektiert hat und seitdem eine terrorisierende Fremdherrschaft über die Bevölkerung führt. Hunderttausende von Kurd*innen wurden zwangsvertrieben, enteignet und beraubt. Seitdem werden in Afrîn Siedlungen gebaut, indem türkisch-, turkmenisch-, und arabisch-stämmige Familien angesiedelt werden. Für den kleinen Teil der dort verblieben Kurd*innen ist es ein Alltag von sexistischer Repression, die mit geschlechtlicher Gewalt, Vergewaltigung und Verschleppung einhergeht.
Die Expansionsbestrebungen der Türkei auf syrisches Territorium werden seit geräumiger Zeit seitens türkischer Staatsakteure wiederholt zu Wort gebracht und explizit über die militärische Einnahme von Rojava gesprochen. Kurz nach dem Einmarsch der SNA und ihrer Einnahme von Minbic wurde von der Selbstverwaltung und der QSD (Demokratische Kräfte Syriens) der Ausnahmezustand ausgerufen.
Mit einem allgemeineren Blick auf die Kontrollübernahme der HTS bedeutet der Sturz des Assad Regimes keinesfalls die Freiheitserlangung der Frauen. In Syrien spielt sich mit verschiedensten Akteur*innen, inklusive der Unterstützung von westlichen Kräften für jihadistische Proxy-Truppen ein islamistischer Vormarsch ab, der einen Freiheitsraub für Frauen bedeutet. Mit der immer stärkeren Verbreitung der HTS wächst die Gefahr für die Frauen der Region. Es kursieren bereits auf sozialen Netzwerken Videos von entmenschlichenden Handlungen an Frauen, die sexualisierter Gewalt und Entführungen ausgesetzt sind. Parallel dazu laufen regelrechte Hetzjagden auf religiöse Minderheitengruppen und ihrer religiösen Stätte wie die der Alawit*innen und Christ*innen.
Durch die Operationen der SNA, die sich systematisch gegen die kurdische Zivilbevölkerung richtet, mussten viele Familien aus den Shehba Gebieten fliehen. Hierbei handelt es sich um dieselben Menschen, die im Jahr 2018 vor den gleichem Militär aus Afrîn fliehen mussten. Die Bemühungen, alle geflüchteten Zivilist*innen in sichere Gebiete der Selbstverwaltung unterzubringen, erweist sich im zugespitzten Kriegskontext nicht als einfach.
Das einzig wahre politische Konzept, dass der ethnisch-religiösen Diversität Rojavas gerecht wird, ist das radikal-demokratische Autonomiesystem Rojavas, indem die YPG und die YPJ unentwegt für die Aufrechterhaltung ihrer feministischen Lebensweise kämpfen. Das Konzept Rojavas richtet sich direkt-demokratisch nach Gleichberechtigung und Selbstbestimmung aller Gemeinschaften und kann als einzige Alternative ein pluralistisches Leben abseits der Bürgerkriege in Syrien bieten. Durch Waffenexporte in Millionenschwerer Höhe, tragen europäische Länder wie Deutschland Mitverantwortung für die andauernden Kriege der Region und insbesondere der Terrorisierung von Frauen. Durch geopolitisches und ökonomisch interessiertes Handeln, unterstützt der Westen jihadistische Gruppierungen und stärken die Kriegs-Geschehen der Region. Um sich mit Rojava zu solidarisieren und sich für den Erhalt des Autonomiesystems einzusetzen, gebraucht es einem klaren Aufschrei der europäischen Öffentlichkeit, einer politischen Vereitelung der Annexionsangriffe und feministischem Protest.
Parallel zu den Angriffen auf Rojava werden in Südkurdistan verstärkt auf das Widerstandgebiet Metîna und der ZAP-Region ebenfalls türkische Bombardements fortgesetzt. Dabei werden die HPG (Volksverteidigungskräfte) und die YJA Star (Verbände freier Frauen) ununterbrochen mit verbotenen chemischen Waffen seitens des türkischen Militärs angegriffen. Mit Kampfflugzeugen, illegalen Kriegsmitteln und Hubschrauberattacken wird Südkurdistan seitens des türkischen Militärs seit Monaten durchgehend angegriffen. Alle Teile Kurdistans befinden sich erneut in einer höchst komplexen Angriffslage; mitten im Geschehen der Neuordnung des gesamten mittleren und nahen Ostens stehen kurdische Regionen und kurdische Selbstverteidigungskräfte unter einer immensen Gefahr. Deshalb gebrauchen sie unserer Unterstützung und einem politisch- zivilgesellschaftlichen Engagement.
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