Das Streben nach Freiheit: Seyid Riza

Die wichtigste Statue in ganz Dersim ist die von Sey Riza, die sich im Herzen der Innenstadt befindet und gleichzeitig mit seiner Aussichtsplattform einen Blick über die Natur der Stadt bietet.

In großen Dersimi Kreisen bekannt als Seyid Riza, stammt die ursprüngliche Ansprache mit Sey einer kurdischen Ehrungs-Tradition von wichtigen Persönlichkeiten des Volkes. Durch ihrer anerkannten Wertevorstellungen, Hilfsbereitschaft und ihrem Kampfgeist werden zumeist ältere Menschen als weise angesprochen, was die nahestehendste Übersetzung von Sey bleibt.

Das Jahr 1937 markiert den historischen Höhepunkt der ethnischen Säuberung der alevitisch kurdischen Dersimis. Als ein wichtiger Teil dieses Vernichtungsversuches ist die systematische und gewalttätige Umsiedlung der Bevölkerung in zentral liegende türkische Städte. In dem Visier des türkischen Militärs lag vor allem die Deportation von Kindern und Frauen in westliche Gebiete, um sie zu turkmenisieren und letztlich die gesamte Region von Dersim, mitsamt ihrer Kultur, ihrer kurdischen Sprache und ihren Menschen zu vernichten. Durchgeführt vom türkischen Militär, wird gegenüber Minderheiten auf offiziell türkischem Territorium jede Spur von Menschlichkeit abgelegt.

1930 wurde durch den Beschluss des Besiedlungsgesetzes von Mustafa Kemal Atatürk ((İskan Kanunu) mit blutigen genozidalen Herangehensweisen die erste große Zwangsdeportation durchgeführt und intensivierte sich von Jahr zu Jahr. Um seinem Volk ihre Existenz sichern zu können, fasste Seyid Riza 1937 den Beschluss sich dem türkischen Staat zu widersetzen und seine kurdischen Mitmenschen zu verteidigen. Mit einer Mobilisierung der Aşiret (Volksstämme) führten die zaza- kurdischen Tribalstämme einen bewaffneten Widerstandskampf gegen die Vernichtungspolitik des kemalistischen Staates, welcher blutig niedergeschlagen wurde.

Seyid Riza wurde die Todesstrafe verhängt. An dieser Stelle kommt sein symbolischer Charakter am stärksten zum Vorschein. Denn zu keinem Zeitpunkt bereute er seinen Kampf für die Freiheit seines Volkes. In keinem Schritt seiner Verhaftung und dem Prozess seiner Hinrichtung leistete er Widerstand oder protestierte und flüchtete nicht, denn seine freiheitliche ideologische Überzeugung und das Feuer seines Widerstandsgeist stand zu jeder Zeit über den Gräueltaten der Unterdrückung und konnte mit keiner Gewalt und keiner Strafe ausgelöscht werden.

Wir sind Kinder Kerbelas. Wir haben nichts verbrochen. Es ist eine Schande. Es ist grausam. Es ist Mord.“

Schrie er in den letzten Worten vor seiner endgültigen Hinrichtung. Seine ganze Umgebung war leer, in der Szene befanden sich nur er und ein türkischer Soldat. Doch das änderte nichts an seinem Entschluss, bis zur letzten Sekunde seiner Lebenszeit die Gräueltaten des türkischen Staates der Welt zu enthüllen und für seinen Kampf zu leben und sterben. Im letzten Schritt seiner Hinrichtung, schubste er den verantwortlichen Soldaten, band sich eigenhändig das Seil um den Hals und schlug den Stuhl mit seinem Bein weg. Diesen symbolischen Akt trug er als Appell für die Ewigkeit in die Dersima Bevölkerung: Wir nehmen unser Schicksal selbst in die Hand, beugen uns nicht der Repression und führen unseren Kampf für die Freiheit Aller. Für uns Dersimi hält Seyid Riza die Stellung als einer der größten, wichtigsten und geehrtesten Vertreter der aufständischen Ideologie und wird mit diesem Denkmal im Zentrum der Stadt unsere Stärke und Hoffnung für immer lebendig halten.

 

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